Kleiner Rundgang Kostenrechnung mit fiktiven Daten

Dieser zweite Teil des "Kleinen Rundgangs" erklärt die Kostenrechnung in TEXTBUCH. Es werden Beispielsbuchungen für einen Obst- und Gemüsebauern gezeigt, mit denen ausgerechnet werden kann, was eine Steige Erdbeeren oder ein Kilo Tomaten kostet und ob die einzelnen Produkte über den Verkaufserlös ihre Kosten decken.

Viele Anwender kaufen sich ein Buchhaltungsprogramm, weil der Steuerberater oder das Finanzamt sie zur "Doppelten Buchführung" zwingt: in diesen Fällen geht es um nur um die sog. Finanzbuchhaltung. Die Kostenrechnung hat nichts mit dem Finanzamt zu tun und keine Firma wird zur Kostenrechnung gezwungen. Die Kostenrechnung dient allein unternehmensinternen Zwecken, nämlich um im Nachhinein zu wissen, wieviel ein Projekt oder Produkt gekostet hat, wieviel erlöst wurde und wie hoch der Kostendeckungsgrad des Projektes oder Produktes ist. Da aber ohnehin für die Finanzbuchhaltung viele Daten im Computer erfasst werden, die auch für die Kostenrechnung genutzt werden können, ist der Mehraufwand einer vollständigen Kostenrechnung oft nur gering, der Nutzen aber oft sehr groß. In der Einführung in die Doppelte Buchführung finden Sie eine Einführung in die Kostenrechnung (Kapitel Kostenrechnung versus Finanzbuchhaltung).

Um den zweiten Teil des Rundgangs zu beginnen, drücken Sie auf die Taste "2" im TEXTBUCH-Hauptfenster. Es wird nun nicht mehr die Buchungssatzliste BUCH.TXT, sondern BUCHOBST.TXT verwendet und im Eingabefeld "if" wird die IF-Bedingung "OBSTBAUER" gesetzt. Diese Informationen stehen übrigens im Einstellungen-Buch (Verarbeiten - Einstellungen), Indexzunge Programm, Programm 2.

Rufen Sie nun die Buchungssatz-Liste auf: Eingabe - BUCHOBST.TXT. Bei diesen Beispielsdaten sind nun für uns nicht mehr in erster Linie die Konten von Interesse, denn es werden hier der Einfachheit halber nur folgende Konten bebucht:


f Lohn für freie Mitarbeiter s Sonstiger Aufwand 8 Erträge Obst- und Gemüseverkauf K Bestandskonto Kasse.

Das Ertragskonto 8 und das Aufwandskonto f sind gegenüber dem HINZ und KUNZ Kontenplan neu hinzugekommen. Wenn Sie den Kontenplan am Ende ansehen (Eingabe - Kontenplan), sehen Sie am Ende eine sog. "If-Bedingung"


***if Obstbauer (...) ***end

Dies ist ein Sprachelement aus herkömmlichen Computer-Programmiersprachen und bedeutet: Wenn OBSTBAUER definiert ist, dann führe die zusätzlichen Zeilen aus bis "***end". Das heißt, beim Kleinen Rundgang Teil I waren diese Zeilen nicht aktiv, jetzt sind sie es schon, weil im Hauptfenster von TEXTBUCH im Eingabefeld neben dem Button "if" jetzt "Obstbauer" steht.

Die Buchungssätze "Soll:Haben" sind nicht weiter von besonderem Interesse, auch die übliche Auswertung mit AUSGABE.SKT ist gar nicht angemeldet, sondern stattdessen das Kostenrechnungs-Skript KORECH.SKT (Verarbeiten - Einstellungen, Indexzunge Programm, Programm 2).

Sehen Sie sich nun die Buchungsliste an: Alle Beispiels-Buchungssätze enthalten nun im Buchungstext entweder ein Dollarzeichen $ oder das Doppelkreuz-Zeichen #. Die mit $ beginnenden Ausdrücke sind sog. Kostenträger und die mit # beginnenden Zeichen Kostenstellen.

Unser Obst- und Gemüsebauer pflanzt Erdbeeren und Tomaten an. Hierfür kauft er Setzlinge von der Gärtnerei:


05.04.18 100 Setzlinge $Tomaten.Fleisch s:K 250,00 06.04.18 50 Setzlinge $Tomaten.Cocktail s:K 200,00 08.04.18 500 Setzlinge $Erdbeeren s:K 200,00

Das Dollarzeichen steht für "Kostenträger". Die Fleischtomaten-Setzlinge werden klar einem Kostenträger zugeordnet, nämlich einer Sorte Gemüse.

Nach dem Kauf werden die Setzlinge von Mitarbeitern eingepflanzt, wobei die Mitarbeiter notiert haben, wie lange sie am Einpflanzen der verschiedenen Sorten gearbeitet haben und wir halten hier die entsprechenden Arbeitslöhne fest. (Diese Listen lassen sich mit den sog. "Stücklisten" in TEXTBUCH auch stark vereinfacht erfassen, z.B. direkt über die Arbeitszeiten und ohne Buchungssatz.)


07.04.18 $Tomaten.Fleisch Setzlinge eingepflanzt f:K 100,00 08.04.18 $Tomaten.Cocktail Setzlinge eingepflanzt f:K 50,00 09.04.18 $Erdbeeren Setzlinge eingepflanzt f:K 250,00

Jetzt heißt es "gießen und warten". Es fallen nun Kosten an, die keinem der drei Kostenträger zurechenbar sind:


30.06.18 #Wasser Rechnung Wasserwerk s:K 38,00 02.07.18 #Wurfsendungen Werbung Obstverkauf s:K 50,00 03.07.18 Verteilung #Wurfsendungen durch Mitarb. f:K 80,00 04.07.18 diverser Bürobedarf für #Verwaltung s:K 40,00 05.07.18 Arbeit Mitarbeiter in #Verwaltung f:K 100,00

Alle diese Kosten sind nicht klar einem der drei Kostenträger zurechenbar und müssen deshalb als sog. Kostenstelle deklariert werden. Wenn jede Einzelplantage für die zwei Tomatensorten und für die Erdbeeren jeweils einen eigenen Wasserzähler hätte, wäre keine Kostenstelle #Wasser erforderlich, sondern die Kosten für den Wasserverbrauch könnten den einzelnen Kostenträgern direkt zugeordnet werden.

Strenggenommen dürfte man den Kostenträger nicht #Wasser, sondern müsste ihn #Bewässerungsanlage nennen, denn Kostenträger sind üblicherweise Orte im Betrieb. Gleiches gilt für #Wurfsendungen, hier wäre #Werbeabteilung angebracht. Wichtig ist aber letztlich nur, dass Sie wissen, was gemeint ist.

In TEXTBUCH spricht man bei Kostenträgern und Kostenstellen allgemein von "Positionen". Der Ausdruck #Wasser oder $Erdbeeren ist der "Positionsbezeichner", das Doppelkreuz- und Dollarzeichen sind "Positionszeichen".

Inzwischen geht der Sommer zur Neige und die Ernte beginnt für die Mitarbeiter:


07.09.18 $Tomaten.Fleisch geerntet f:K 200,00 08.09.18 $Tomaten.Cocktail geerntet f:K 200,00 09.09.18 $Erdbeeren Setzlinge geerntet f:K 400,00

Jetzt können die Tomaten und Erdbeeren endlich verkauft werden:


07.09.18 900$Tomaten.Fleisch verkauft K:8 600,00 08.09.18 750$Tomaten.Cocktail verkauft K:8 600,00 09.09.18 250$Erdbeeren Setzlinge verkauft K:8 1200,00

In der sog. Positionsdatei Eingabe - Positionsdatei sind die Kostenträger angegeben worden, die Kostenstellen aber nicht. Es gilt: ist nur ein einziger Kostenträger in der Positionsdatei angegeben, so müssen auch alle anderen verwendeten Kostenträger in der Positionsdatei angegeben werden. Ist aber gar kein Kostenträger angegeben, so dürfen beliebige Kostenträger bei den Buchungen verwendet werden. Dasselbe gilt auch für Kostenstellen. Bei diesem Beispiel wurden Kostenträger in der Positionsdatei (natürlich vollständig) angegeben und die Kostenstellen gar nicht. Diesen Unterschied können Sie auch darin sehen, dass im Buchungseditor beliebige Kostenstellen, aber nur konkrete Kostenträger zulässig sind. Fügen Sie hierfür testweise sowohl in einen Kostenträger als auch in eine Kostenstelle einen weiteren Buchstaben ein und beobachten Sie, was geschieht. Löschen Sie nun die eingefügten Buchstaben wieder.

In der Positionsdatei wurde außerdem festgelegt, dass die Kostenträger auf der Habenseite (d.h. bei Erlösbuchungen) mit einer Positionsstückzahl versehen werden müssen:


***Habenstückzahl verpflichtend

Ohne diese Zeile wird bei den Buchungen keine Stückzahl verlangt und auch keine Stückzahl zugelassen. Die Einheit, auf die sich die Positionsstückzahl bezieht, steht am Ende der Zeile nach dem Strichpunkt, hier also bei Erdbeeren die "200-g-Schale".

Wenn man z.B. einzelne Baustellen betreut oder einzelne Gutachten schreibt, gibt es keine Positionsstückzahlen. Stattdessen kann man ein Anfangs- und Endedatum festlegen, und wenn die Position außerhalb dieses Zeitraums bebucht wird, gibt TEXTBUCH eine Fehlermeldung aus.

Nun sind wir mit den Buchungssätzen und der Positionsdatei fertig und TEXTBUCH kommt zum Einsatz: Starten Sie nun das Verarbeiten durch einen Doppelklick in das blaue Meldungsfenster. Es erscheint nun ein neuer Button "Position". Wenn Sie darauf drücken, gelangen Sie in den sog. Positionsdialog. Hier sind nun alle Positionen übersichtlich in einer Baumstruktur aufgelistet. Im weißen Fenster rechts werden Ihnen die wichtigsten Zahlen zur gewählten Position angezeigt:

"AB" bedeutet Anfangsbestand. Dieser ist bei jeder Position gleich Null, weil wir bislang nur ein Buchungsjahr mit Positionen gebucht haben. Somit ist der "ZUG" Zugang gleich dem "EB" Endbestand.

"ST" davor bedeutet, dass es sich nicht um den Geldbetrag, sondern um die Stückzahl handelt.

Unten steht dann noch Stück-Betrag "STB" sowie der Stückbetrag-Zugang "STBZ"; beide Werte sind gleich, weil wir in diesem Beispiel keine Anfangsbestände haben.

Wenn Sie nun mit der Maus die verschiedenen Kostenträger anklicken, dann können schon einige Aussagen getroffen werden: Während bei Erdbeeren und Cocktailtomaten noch die Erlöse die Kosten deutlich überschreiten, ist der Vorsprung bei den Fleischtomaten sehr gering.

Direktkosten und Selbstkosten

Vielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, dass die Kostenstellen in den vorigen Überlegungen noch gar nicht auftauchen. Bisher haben wir nämlich nur die sog. Direktkosten betrachtet, also die Kosten, die den Kostenträgern direkt zurechenbar sind. Unser Obstbauer hat aber noch weitere Kosten, die er nun auf die Kostenträger umlegen muss. Dies geschieht am Ende des Skriptes KORECH.SKT und ist aus dem Positionsdialog nicht ersichtlich. Wie diese allgemeinen Kosten, die sog. Gemeinkosten, auf die Kostenträger umgelegt werden, ist ein eigenes Thema für sich. TEXTBUCH liegt noch ein weiteres aufwendigeres Skript KOUMLEG.SKT bei, in dem mit mehreren Abstufungen die Gemeinkosten auf die Kostenträger umgelegt werden, und zwar speziell in der "Lehrbuchvariante" für einen klassischen Industriebetrieb. Im hier verwendeten Skript KORECH.SKT findet diese Umlegung nur sehr pauschal und einfach statt: Es werden einfach die Kosten aller Kostenstellen zusammengerechnet und daraus wird ein einheitlicher prozentualer Aufschlag für alle Kostenträger ermittelt. Das Ergebnis der Berechnung finden Sie in der Ausgabedatei KOSELBST.TXT (Ausgabe - KOSELBST.TXT). Die Anweisungen für die Erzeugung dieser Ausgabedatei finden Sie am Ende des Skriptes KORECH.SKT (Eingabe - Skripte - Korech.skt).

Aus der Ausgabedatei KoSelbst.txt ist ersichtlich, dass sich der Anbau von Fleischtomaten eigentlich nicht lohnt: die Direktkosten werden zwar noch gedeckt, rechnet man aber den 16,6-prozentigen Aufschlag für die Gemeinkosten noch hinzu, werden sie zum "Zuschussgeschäft". Diese für den Obst- und Gemüsebauern wichtige Information wäre mit einer reinen Finanzbuchhaltung auch nicht ansatzweise zu erfahren.

Hiermit ist der "kleine Rundgang Teil II" zu Ende.